II. Die Struktur der Normalbiographie der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung

Form und inhaltliche Gestaltung der Biographien eines massenbiographischen Handbuchs werden gemäß der leitenden Editionsprinzipien entscheidend durch die vorgegebene Struktur der Normalbiographie bestimmt. Die Normalbiographie stellt eine standardisierte Form des Lebenslaufs dar, „die alle als relevant erkannten Informationselemente des durchschnittlichen (d. h. für ein Maximum an zu biographierenden Personen zutreffenden) Lebenslaufs enthält“. (13) (13) Wilhelm Heinz Schröder, Sozialdemokratische Reichtagsabgeordnete, S. 65. Die Entscheidung darüber, welche Informationselemente in welcher Form in die Normalbiographie aufgenommen werden, hat sich an den vorangegangenen Überlegungen zum wissenschaftlichen Begründungszusammenhang, dem historischen Kontext, der Quellenlage und den Vorgaben der Forschungspraxis zu orientieren.

Dies bedeutet konkret, daß Auswahlkriterien wie „Relevanz“, aber auch „Verfügbarkeit in den biographischen Quellen“ u. ä. über die Aufnahme von biographischen Merkmalen bestimmen. Das stets umstrittene Kriterium „Relevanz“ erfährt hier seine inhaltliche Füllung aus den Vorgaben der historischen Parlamentarismusforschung, die inzwischen die Bedeutung einer Reihe von biographischen Merkmalen für die soziale Konstituierung und ideologische Formierung von politischen Führungsgruppen herausarbeiten konnte. Demgegenüber findet das Kriterium der quellenbezogenen Verfügbarkeit seine Begründung in den Geboten einer für massenbiographische Handbücher in besonderem Maße geltenden Zeit-/Mittelökonomie.

Für das vorliegende Handbuch der Abgeordneten der deutschen Nationalversammlung von 1848/49 wurde von folgender Normalbiographie ausgegangen:

Normalbiographie Teil 1: Personenstandsangaben und Sozialisation

Normalbiographie Teil 2: Berufliche Karriere

Normalbiographie Teil 3: Politische Karriere

Normalbiographie Teil 4: Gesonderte Informationsleisten
MdFN

MdR

  • Dauer (Wahlmonat, -jähr – Austrittsmonat, -jähr) der Mitgliedschaft im Reichstag (1867-1918); Wahlkreis(e); Fraktionszuge-hörigkeiten(en); ggf. Dauer und Art (Anfangsmonat, -jähr – Endmonat, -jähr) von Ämtern und Ausschußmitgliedschaften im Reichstag:
    „März 1869-Jan. 1877, 4. Frankfurt a. d. Oder, -> Nationalliberale Partei; März 1867-Jan. 1869 und März 1869-Juni 1873 Präsident des Reichstags.“

MdL

Der formale Aufbau der Biographien der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung orientiert sich an systematischen und chronologischen Gesichtspunkten. Zur besseren Orientierung und Lesbarkeit werden spezifische Informationselemente zu Blöcken zusammengefaßt. Nach den grundlegenden Angaben zur Identität und der Nennung von Geburts- und Sterbedaten werden in einem ersten inhaltlichen Block die Angaben zur sozialen Herkunft (Beruf(e) des Vaters), zur Konfessionszugehörigkeit, zum Ausbildungsgang sowie zum Ehestand zusammengefaßt. Daran schließt sich ein Block mit den wesentlichen Berufs- und Migrationsdaten an. Hiervon getrennt werden in einem weiteren Block alle Informationselemente der Normalbiographie angeführt, die die von der Berufslaufbahn unabhängigen Erfahrungen und Aktivitäten im öffentlichen und politischen Leben betreffen. Die Abtrennung dieses sehr verschiedenartige biographische Merkmale umfassenden Blocks trägt der Tatsache Rechnung, daß im Obrigkeits- und Verwaltungsstaat des frühen 19. Jahrhunderts die politischen und sonstigen öffentlichen Aktivitäten der meisten Frankfurter Abgeordneten weitgehend unabhängig oder (im Falle einer Reihe von Staatsangestellten) sogar im Widerspruch zur beruflichen Tätigkeit stattfanden. Diese Rollentrennung von beruflichem und politischem Lebenslauf soll durch die formale Trennung beider Bereiche in den biographischen Kurzartikeln unterstrichen werden. Die formale Gegenüberstellung kann mit dazu beitragen, die Gegenläufigkeiten und Wechselwirkungen dieser beiden biographischen Erfahrungsfelder zu verdeutlichen. Den inhaltlichen Blöcken folgen drei gesonderte Informationsleisten zur Dokumentation der parlamentarischen Mandate in der Frankfurter Nationalversammlung, den deutschen Reichstagen seit 1867 und d en Parlamenten der deutschen Einzelstaaten (einschließlich des Erfurter Unionsparlaments von 1850 und des Österreichischen Reichsrats). Damit soll auch formal das für das Personenkollektiv des vorliegenden Handbuchs verbindende und besonders hervorgehobene Charakteristikum, als Parlamentarier aktiv gewesen zu sein, in besonderer Form zum Ausdruck gebracht werden. In einem letzten Block werden schließlich Hinweise auf die wichtigsten Quellen und Archivalien sowie -falls vorhanden – der/die Titel von autobiographischen Publikationen des jeweiligen Abgeordneten aufgeführt.

Die Anordnung der Informationselemente innerhalb der einzelnen Blöcke orientiert sich primär an chronologischen Kriterien. Gelegentlich war aber aus Gründen der Vergleichbarkeit und/oder einer optimalen Präsentation bestimmter biographischer Informationen eine Durchbrechung des Prinzips der chronologischen Anordnung sinnvoll. Dies betrifft insbesondere den Block „Herkunft und Sozialisation“ sowie die „Parlamentaria“-Leisten. Hier wurde einer für alle Abgeordneten in gleicher Weise gültigen Systematik der Vorzug vor dem chronologischen Prinzip gegeben.